Bürgerbeteiligung und ehrenamtliches Engagement haben seit einigen Jahren in Deutschland in politischen, zivilgesellschaftlichen und öffentlichen Diskursen Konjunktur. Durch diese Entwicklung haben sich auf vielen verschiedenen Ebenen erweiterte Beteiligungschancen eröffnet. Wenn die Annahme stimmt, dass ein aktives Gemeinwesen mit hohem Grad an Beteiligung und Engagement für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit wichtig ist, dann stellt sich die Frage, wie sich die Beteiligungskompetenz und Engagementbereitschaft der Bürger/innen steigern lässt. Wie dieses Ziel im Rahmen der Hochschulausbildung erreicht werden kann, zeigt Dr. Harald Heinrichs, Professor für Nachhaltigkeitspolitik am Institut für Umweltkommunikation der Leuphana Universität Lüneburg, in seinem Gastbeitrag auf. Für ihn ist klar: Neben dem systematischen Ausbau von Partizipationskompetenz und Engagementbereitschaft im Rahmen von Schule und außerschulischer Bildung ist die Stärkung von Partizipations- und Kooperationsthemen in der Lehre und der professionelle Ausbau von Freiwilligenprogrammen ein wichtiger Beitrag von Universitäten zur Steigerung gesellschaftlicher Beteiligung und Engagement. Voraussetzung hierfür wäre allerdings ein grundlegendes Umdenken im Wissenschafts- und Universitätsverständnis: Universitäten sollten neben der Vermittlung von akademischer Bildung und beruflicher Ausbildung ihre gesellschaftliche Verantwortung zur Steigerung von »Personal Social Responsibility« als Teil einer umfassenden Persönlichkeitsbildung erkennen und professionell umsetzen. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur (Weiter-)Entwicklung einer an Nachhaltigkeit orientierten aktiven, partizipativen und kooperativen Gesellschaft.
Beteiligung in Schule und Kindergarten
Die demokratische Beteiligung von Eltern und Kindern gehört in Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten oder anderen pädagogischen Einrichtungen zum Alltag. Alle genannten Institutionen sind deshalb für Kinder, Eltern und Lehrer/innen immer auch ein Lern- und Praxisfeld für Demokratie und demokratisches Handeln.
Die sog. Elternvertretungen in Grundschulen und weiterführenden Schulen werden je nach Bundesland auch Elternbeirat, Elternrat, Elternausschuss, Elternkuratorium oder Elternpflegschaft genannt. Der Bundeselternrat ist die Arbeitsgemeinschaft der Landeselternvertretungen in Deutschland. Die Einrichtung von Elternvertretungen ist in den Schulgesetzen aller Bundesländer vorgeschrieben. Aufgrund der Bildungshoheit der Bundesländer sind neben den Gremienbezeichnungen auch die Aufgaben und genauen Mitwirkungsrechte zwischen den einzelnen Bundesländern uneinheitlich geregelt. Jedoch gibt es bundesweit ähnliche Strukturen und Ziele. Grundsätzlich gilt: Elternvertretungen sollen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Schule und Elternhäusern ermöglichen und Eltern an allen wesentlichen, die Schule betreffenden Entscheidungen beteiligen.
Partizipation ist auch das Wesen der Schülervertretung, die mit verschiedenen Beteiligungsrechten im Schulrecht verankert ist. Schülerinnen und Schüler arbeiten nicht nur in den Mitwirkungsmöglichkeiten der jeweiligen Schule, sondern sind auch in Landesvertretungen organisiert. Die Bundesschülervertretung ist mittlerweile in die Bundesschülerkonferenz, die wiederum aktuell grundlegend umstrukturiert wird.
Neben der gesetzlich vorgeschrieben Elternbeteiligung binden manche Schulen, zum Teil in Kooperation mit den Kommunen, Schülerinnen und Schüler auch über sog. Kinder-, Jugend- oder Schulparlamente in demokratische Prozesse in Schule und Gemeinwesen ein.
Auch in Kindergärten und Kindertagesstätten ist die Elternvertretung gesetzlich vorgeschrieben. Die Wahlen zum Elternbeirat der Kindertagesstätten werden in den Landesausführungsgesetzen der Bundesländer zum Kinder- und Jugendhilfegesetz gesetzlich geregelt.
- Koop, Alexander: Der Schülerhaushalt – Ein Modell der Kinder- und Jugendbeteiligung in Schulen und Kommunen (5/2014), pdf
- Tramm, Jürgen: Die Modellschulen für Partizipation und Demokratie in Rheinland-Pfalz (5/2014), pdf
- Abendschön, Simone: Kinder und Politik? Ergebnisse einer Studie zum Demokratielernen (8/2012), pdf
- Regner, Michael / Schubert-Suffrian, Franziska: Partizipation und Demokratie in Kindertagesstätten (8/2012), pdf
- Zwiener, Susanne: Kinder mischen mit – Das Kinderparlament in Hilden (4/2011), pdf
- Hansen, Rüdiger / Knauer, Raingard: Was Kitas brauchen, um Kinderstuben der Demokratie zu werden (21/2008), pdf