Ratschläge bei Bedrohung

Aktives gewaltfreies Verhalten ist erlernbar

Indem wir uns unsere Ängste und Handlungsgrenzen bewusst machen, erfahren wir gleichzeitig mehr über den Bereich, der zwischen diesen Grenzen liegt. Oft unterschätzen wir die Vielfalt unserer Möglichkeiten. In Rollenspielen und konkreten Übungen zum Umgang mit direkter Gewalt können wir neue kreative Antworten auf Konfliktsituationen entdecken. Verhaltenstrainings bieten uns die Chance, bisher ungewohntes Verhalten auszuprobieren, zu verändern und einzuüben.

1. Vorbereiten!

Bereiten Sie sich auf mögliche Bedrohungssituationen seelisch vor. Spielen Sie Situationen für sich allein und im Gespräch mit anderen durch. Werden Sie sich grundsätzlich darüber klar, zu welchem persönlichen Risiko Sie bereit sind. Es ist besser, sofort die Polizei zu informieren und Hilfe herbeizuholen, als sich nicht oder gegen das Eingreifen zu entscheiden und gar nichts zu tun.

2. Ruhig bleiben!

Panik und Hektik vermeiden und möglichst keine hastigen Bewegungen machen, die reflexartige Reaktionen herausfordern könnten. Wenn Sie »in sich ruhen«, sind Sie kreativer in Ihren Handlungen und wirken meist auch auf andere Beteiligte beruhigend.

3. Aktiv werden!

Wichtig ist, sich nicht von der Angst lähmen zu lassen. Eine Kleinigkeit zu tun ist besser als über große Heldentaten nachzudenken. Wenn Sie Zeuge oder Zeugin von Gewalt sind: Zeigen Sie, dass Sie bereit sind, gemäß Ihren Möglichkeiten einzugreifen. Ein einziger Schritt, ein kurzes Absprechen, jede Aktion verändert die Situation und kann andere dazu anregen, ihrerseits einzugreifen.

4. Gehen Sie aus der Ihnen zugewiesenen Opferrolle!

Wenn Sie angegriffen werden: Flehen Sie nicht und verhalten Sie sich nicht unterwürfig. Seien Sie sich über Ihre Prioritäten im Klaren und zeigen Sie deutlich, was Sie wollen. Ergreifen Sie die Initiative, um die Situation in Ihrem Sinne zu prägen. »Schreiben Sie Ihr eigenes Drehbuch!«

5. Halten Sie den Kontakt zum Gegner/zur Gegnerin oder zum Angreifer/zur Angreiferin!

Stellen Sie Blickkontakt her und versuchen Sie, Kommunikation herzustellen oder aufrechtzuerhalten.

6. Reden und Zuhören!

Teilen Sie das Offensichtliche mit, sprechen Sie ruhig, laut und deutlich. Hören Sie zu, was Ihr Gegner/Ihre Gegnerin oder der Angreifer/die Angreiferin sagt. Aus den Antworten können Sie Ihre nächsten Schritte ableiten.

7. Nicht drohen oder beleidigen!

Machen Sie keine geringschätzigen Äußerungen über den Angreifer/die Angreiferin. Versuche Sie nicht, ihn/sie einzuschüchtern, ihm/ihr zu drohen oder Angst zu machen. Kritisieren Sie sein/ihr Verhalten, aber werten Sie ihn/sie nicht ab.

8. Holen Sie Hilfe!

Sprechen Sie nicht eine anonyme Masse an, sondern einzelne Personen. Dies gilt sowohl für Opfer als auch für ZuschauerInnen, die eingreifen wollen. Viele sind bereit zu helfen, wenn jemand anders den ersten Schritt macht oder sie persönlich angesprochen werden.

9. Tun Sie das Unerwartete!

Fallen Sie aus der Rolle, seien Sie kreativ und nutzen Sie den Überraschungseffekt zu Ihrem Vorteil aus.

10. Vermeiden Sie möglichst den Körperkontakt!

Wenn Sie jemandem zur Hilfe kommen, vermeiden Sie es möglichst, den Angreifer/die Angreiferin anzufassen, es sei denn, Sie sind zahlenmäßig in der Überzahl, so dass Sie jemanden beruhigend fest halten könnt. Körperkontakt ist in der Regel eine Grenzüberschreitung, die zu weiteren Aggressionen führt. Wenn möglich, nehmen Sie lieber direkten Kontakt zum Opfer auf.

Literaturtipp

Die Liste »Ratschläge in Bedrohungssituationen« wurde von milan entwickelt, einem Mitglied des Kölner Trainingskollektivs für gewaltfreie Aktion und kreative Konfliktlösung.