Pinnwandtechnik

Seite 1: Arbeitsweise

Die Pinnwandtechnik - auch Metaplantechnik genannt nach dem Metaplan-System der Gebr. Schnelle, Quickborn - ist eine Moderationstechnik, und als solche kann sie bei einer ganzen Reihe von Kreativitätstechniken eingesetzt werden. Die Darstellung hier kann nur einen Überblick verschaffen und weder die einschlägige Fachliteratur (a.a.0.), noch Moderatorenschulungen ersetzen.

Eine Gruppe moderieren heißt, die Meinungs-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in einer Gruppe zu organisieren, ohne die Gruppe inhaltlich zu beeinflussen. Moderieren ist immer dann geboten, wenn die Gruppe »mehr weiß« als der Gruppenleiter (im umgekehrten Fall wird vom Leiter Wissen vermittelt, d.h. er doziert bzw. präsentiert).

Die Pinnwandtechnik kann zum Moderieren sinnvoll eingesetzt werden, wenn es darum geht:

  • Gemeinsam in der Gruppe Strategien und Maßnahmen zu entwickeln und damit ein Problem zu lösen;
  • Betroffene zu Beteiligten zu machen;
  • Meinungen objektiv einzuholen;
  • Willensbildungsprozesse und Entscheidungsfindungen transparent und nachvollziehbar zu machen;
  • Erwartungen, Wünsche, Kenntnisse, Erfahrungen von Teilnehmern einzusammeln und sichtbar zu machen;
  • Diskussionen effizienter zu machen;
  • Störungen und Probleme in der Gruppe zu besprechen;
  • von den bearbeiteten Prozessen authentische Protokolle zu erstellen.

Um diesen inhaltlich neutralen Ablauf zu organisieren, braucht es einen Moderator, dessen Aufgabe es ist, diese Prozesse zu initiieren und für die Bearbeitung geeignete Methoden bereitzustellen. Der Moderator ist allein für die Methode, nicht aber für die fachlichen Inhalte verantwortlich.

Die Pinwandtechnik benötigt für ihren effizienten Einsatz einige materielle Voraussetzungen:

  • Stelltafeln mit einer weichen Arbeitsfläche aus Styropor, Kork oder Wellpappe (1,50m x 1,25m), in die leicht Nadeln gesteckt werden können (=Pinwand); Packpapierbögen in der Größe der Arbeitsfläche, mit denen die Pinwände bespannt werden,
  • pastellfarbene Papierkarten in verschiedenen Formaten (rechteckig, rund, oval) und Größen, auf die geschrieben wird,
  • Filzstifte, Pinwandnadeln, Klebepunkte, Klebestifte, Scheren usw. Dieses Material kann selbst zusammengestellt, aber auch von einschlägigen Fachfirmen bezogen werden.

Die Arbeitsweise sieht so aus, dass der Moderator für die Sitzung einen dem Thema, den Teilnehmern und der verfügbaren Zeit angemessenen Ablaufplan erstellt. Diese Dramaturgie ist der »rote Faden« (nicht der Inhalt!), mit dem der Moderator die Aussprache zu einem Ziel und Ergebnis lenkt. Sie sollte von den Teilnehmern nicht diskutiert oder gar umgestoßen werden.

Grundlage der Zusammenarbeit sind Regeln, die vom Moderator eingeführt werden. Er muss darauf achten, dass sie auch eingehalten werden.

Seite 2: Visualisierung

Das wesentliche Kennzeichen der Arbeitsweise ist die Visualisierung. Der Gruppenprozess wird durch Texte, Bilder, Plakate usw. auch fürs Auge fest gehalten. Indem zusätzlich zu dem üblichen Mund-Ohr-Kanal auch der Auge-Hand-Kanal genutzt wird,

  • wird der Denkprozess der Gruppe bleibend sichtbar,
  • steht das aktuelle Teil-Thema immer vor Augen,
  • sieht jeder seinen Beitrag zur gemeinsamen Arbeit,
  • sind Wiederholungen nicht notwendig,
  • sind auch wichtige Nebengedanken fest gehalten,
  • müssen Diskussionsbeiträge kurz und prägnant sein,
  • sind die sachlichen Argumente von den Personen (und damit von Emotionen) losgelöst,
  • verschwinden Hierarchien hinter anonym geschriebenen Karten,
  • werden sachliche Meinungsunterschiede sichtbar,
  • können später Hinzukommende den Anschluss finden oder bei weiteren Terminen können frühere gut rekapituliert werden,
  • sichert ein Fotoprotokoll der erstellten Plakate eine authentische Dokumentation (nichts kann weggelassen oder hinzugefügt werden).

Damit die beschriebenen Karten von den im Halbkreis vor den 4-6 Pinnwänden sitzenden Gruppenmitgliedern (= 4-6m Entfernung) auch gelesen werden können, gibt es Schreibregeln, die zu beachten sind:

  • Auf jede Karte nur 1 Argument schreiben, damit die einzelnen Argumente auf den Plakaten beliebig angeordnet und verschoben werden können,
  • Groß- und Kleinbuchstaben in Druckschrift verwenden
  • Halbsätze bilden, aber nicht mehr als 7 Worte in 3 Zeilen.

Diese Schreibregeln sichern auch automatisch die Lesbarkeit eines Fotoprotokolls.

Die Festlegung auf ein gemeinsames Programm, das Sammeln und Gewichten von Problemen und die Verständigung über das weitere Vorgehen können mit folgenden Techniken unterstützt werden:

  • Kartenabfragen (die Teilnehmer beschreiben Karten, die dann aufgehängt und strukturiert werden),
  • Themen- und Problemspeicher (die von den Teilnehmern genannten Themen und Probleme werden gesammelt und aufgelistet, s. Modell rechts),
  • Ein- und Mehrpunktfragen (jeder Teilnehmer vergibt einen oder mehrere Punkte und gewichtet damit Thesen, Fragen oder Ergebnisse),
  • Szenarien (Visualisieren der Bedingungsfaktoren und Handlungsspielräume zu einer vorgegebenen Problemstellung).

Die Kunst des Moderators besteht darin, mit den richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt eine Debatte unter den Teilnehmern auszulösen. Damit die Fragen Interaktion erzeugen, müssen sie bestimmte Anforderungen erfüllen:

  • Sie sollten Meinungen und Vorschläge, aber kein Spezialwissen erfragen;
  • Sie sollten offen sein und jedem mehrere Antworten ermöglichen;
  • Sie sollten herausfordern und betroffen machen, ohne zu verletzen.

Die ideale Gruppengröße für die Anwendung der Pinnwandtechnik liegt zwischen acht bis zwölf Personen. Größere Gruppen können ein Plenum bilden, das Arbeitsergebnisse präsentiert bekommt und Entscheidungen fällt, die in parallelen Kleingruppen mit dieser Technik erarbeitet wurden.