Expertenbefragung

Ist es von der Komplexität und Schwierigkeit des Themas her geboten, sollten bei der Bewertung der Ideen Experten zu Rate gezogen werden. Sie sollten möglichst nicht selbst am Entstehungsprozess in der Fantasiephase mitgewirkt haben, und sie sollten den Teilnehmern die Ideenbewertung nicht abnehmen. Ihre Aussagen sollten sich auf eine Darstellung sachlicher Zusammenhänge, Folgen und Nebenwirkungen beschränken. In dieser Funktion können sie offen gebliebene Fragen beantworten (vgl. Spalte »I« der PMI- Methode) und unnötigen Streit vermeiden, der sich durch sachliche Information über Tatsachen klären lässt.

Es ist jedoch wichtig zu sehen, dass die Kompetenz der Experten im Faktenwissen, im erklärenden Wissen (über Zusammenhänge) und im Methodenwissen liegt. Nicht jedoch im sog. »deontischen« Wissen, d.h. dem »Was-soll-sein«Wissen, also dem Wissen über Ziele, Werte, Sinn, Ethik usw. Die Orientierung darüber, wohin sich eine Gruppe oder Gesellschaft entwickeln soll, kann nicht aus - häufig isoliertem - Fachwissen kommen. Im deontischen Wissen gibt es keine Hierarchien. Erst muss das Ziel formuliert sein, dann können Experten sagen, ob, wie und mit welchen Folgen es zu erreichen ist.

Persönliche Einschätzung

Eine einfache, unaufwändige Methode ist die der persönlichen Einschätzung und Wertung der Ideen ohne Begründung (z.B. als erstem Überblick oder aus Zeitnot). An einer Tafel mit einer Skala von 0 bis 100% markieren alle Teilnehmer gleichzeitig den Grad ihrer Zustimmung durch ein Kreuz oder einen Klebepunkt. Die Häufigkeiten und Verteilungen sind dann Diskussionsgrundlage für Begründungen.

Gestaltungsregeln

Es gibt eine Reihe von Gestaltungsregeln allgemeiner Art für Problemlösungen. Sie haben sich in der Praxis zum Erreichen einer höchstmöglichen Lebensfähigkeit in komplexen Zusammenhängen bewährt. Diese Qualitätsüberprüfung (Ideenbewertung) ist ein Arbeitsschritt der Methode des »Vernetzten Denkens« (vgl. Gomez, Probst, Ulrich, a.a.0.). Selten erfüllt ein Lösungsvorschlag alle Gestaltungsregeln. Hier gilt es dann, nach Anpassungsmöglichkeiten der Lösung zu suchen, um sie zu stabilisieren und ihre Lebensfähigkeit zu erhöhen.

Die Gestaltungsregeln werden mit einem Beispiel aus dem Workshop »Müllberg nach Altstadtfest« vorgestellt, bei dem der Vorschlag eines »Appells an Bürger, künftig Teller, Tassen und Gläser selbst mitzubringen« als ein Betrag zur Lösung des Müllproblems überprüft wurde.

Diese Methode ist hilfreich, wenn eine Problemlösung in einen besonders komplexen, vernetzten Zusammenhang eingebettet werden soll.

Gestaltungsregeln

Übereinstimmung?

Anpassungsmöglichkeit

Passen Sie Ihre Lenkungseingriffe der Komplexität der Problemsituation an.

Nein, als Appell allein zu einfach und zu wenig wirksam

Koppelung mit Verbot der Ausgabe von Plastikgeschirr; Hilfsangebot mit Leihgeschirr; Kooperation suchen mit Medien und BUND

Richten Sie Ihre Maßnahmen auf die aktiven und kritischen Einflussfaktoren aus.

Nein, Bürger gleich »passive Einflussgröße« (vgl. Vernetztes Denken, Schritt Nr.3)

Standbetreiber einbeziehen (aktive Größe), Medien einbeziehen(kritische Größe)

Vermeiden Sie unkontrollierte Entwicklungen mit Hilfe stabilisierender Rückkopplungen

Appell allein zu wenig wirksam, Müllberg nach Altstadtfest steigt vermutlich unkontrolliert weiter

Verbot von Plastikgeschirr für Standbetreiber hinzunehmen, durch Angebot von Leihgeschirr puffern, Kostenfaktor durch Appell an Bürger abfedern

Nutzen Sie die Eigendynamik und die Synergien der Problemsituation.

Steigendes Umweltbewusstsein liegt im Trend (Eigendynamik)

Synergien nutzen d. Leihgeschirrangebot u. Kooperation m. Medien u. BUND

Finden Sie ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Bewahrung und Wandel.

Appell an Bürger allein bewahrt den alten Zustand zu sehr und wandelt zu wenig

1.Jahr: Appell, unterstützt von Medien und BUND; 2.Jahr: s.1+ Leihgeschirr; 3.Jahr: s.2+ Verbot von Plastikgeschirr f. Stanbetreiber

Fördern Sie die Autonomie der kleinsten Einheit.

Ja, Bürger / Familie = kleinste Einheit

Erhöhen Sie mit jeder Problemlösung die Lern- und Entwicklungsfähigkeiten.

Ja, durch jährliche Erfolgskontrolle mit Maßnahmenüberprüfung

Probehandeln im Rollenspiel

Gerade bei Ideen, die die Beziehungsebene, die Kommunikationsflüsse und den Umgang miteinander verändern, genügt es nicht, die Realisierungsprüfung nur im Kopf vorzunehmen. Zu viel Unwägbares gibt es, das sich erst in der Realität zeigt. Das Risiko einer »Bauchlandung« könnte groß sein.

Hier bietet sich an, ein Probehandeln im Rollenspiel als praktische Ideenbewertung zu versuchen, das noch wesentlich deutlicher eventuelle »;Ecken und Kanten« des Verbesserungsvorschlags zu Tage treten lässt. Diese sind dann nach dieser »Trockenübung« noch wesentlich leichter rund zu schleifen, als wenn erst einmal Frust und Ärger über unausgegorene Ideen »im richtigen Leben« entstehen.

Bewusste Alternativensuche

Diese Methode beinhaltet, an bestimmten Punkten der kreativen Lösungssuche noch einmal innezuhalten und einen bewussten Schritt der Suche nach Alternativen einzuschieben. Dies nicht nur, wenn wir gerade zweifeln oder uns in einer Sackgasse befinden, sondern auch oder gerade dann, wenn wir glauben, sehr schnell eine Ideallösung gefunden zu haben, die weiteres Nachdenken überflüssig macht. Auch kurz vor Ende einer kreativen Lösungssuche, nach einigen Realisierungsprüfungen und Ideenbewertungen, sollte vor der letztendlichen Entscheidung dieser Schritt noch einmal eingelegt werden. Beachten Sie dabei auch die unterschiedlichen Arten von Alternativen: Erklärungs-Alternativen, Wahrnehmungs-Alternativen, Verhandlungs-, Kommunikations-, Investitions-, Planungs- oder Entscheidungs-Alternativen.