Sprache

Seite 1: Klarheit, Fachbegriffe, Schlechte Gewohnheiten

»Der Unterschied zwischen einem Wort, das die Sache ungefähr trifft, und einem Wort, das genau trifft, ist der gleiche wie zwischen einem Streichholzflämmchen und einem Blitzeinschlag.«
(unbekannt)

Ringen Sie um Verständlichkeit: Klarheit ist schön!
Von zwei Menschen wird der den besseren Eindruck hinterlassen, der seine Sache klar und verständlich darstellen kann. Wer wirklich klar gedacht hat, soll uns Zuhörern dies beweisen, indem er seine Gedanken klar darstellt.
Ihr einziges Maß sei die Angemessenheit zu Redesituation und Zuhörerkreis.

Vermeiden Sie Fachbegriffe, wann immer es geht
Wenn Worte für Ihre Zuhörer keine Bedeutung haben, verlieren diese Worte ihren Wert und mit ihnen die Gedanken, die sie darlegen. Es ist besser,  a l l e  Zuhörer verstehen, was Sie meinen, als nur die Experten. Wer zu fachlich redet, grenzt Teile seiner Zuhörer aus, zeigt Ihnen seine Verachtung. Wenn ein Professor in einer Erstsemestervorlesung sagt »Das können Sie eh’ erst ab dem achten Semester verstehen«, gehört ihm sein Gehalt gekürzt. Er hat die Aufgabe »Lehre« weder verstanden noch nimmt er sie ernst. Sagen Sie also statt: »Die Voluminosität substraler Knollengewächse steht in reziproker Proportion zur Gehirnkapazität der jeweiligen Agrarökonomen.« besser, weil verständlicher: »Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln«.

Übersetzen Sie unumgänglich notwendige Fachbegriffe für die Zuhörenden
Lernen Sie, »zweisprachig« vorzutragen: Fachbegriff und umgangssprachliche Umschreibung. Übersetzen Sie Fachbegriffe durch Formulierungen wie »das heißt« oder »mit anderen Worten«, z.B. »Der Anteil der Residialluft im Lungenraum erhöht sich, das heißt: die verbrauchte Luft bleibt in der Lunge stehen.«

Prof. Spindler, Universität Innsbruck, in einem Vortrag über den »Ötzi«, den Ötztaler Gletscherfund aus der Kupferzeit: »Wir alle wissen, wie Gletscher entstehen – nämlich folgendermaßen...«

»Jeder Berufsstand ist eine Verschwörung gegen die Laien.«
George Bernard Shaw

Meiden Sie Superlative und Übertreibungen
»Die beste aller Initiativen«, »das wichtigste überhaupt«, »der beste Weg zum Erfolg«: Nichtssagende Anpreisungen im Basarstil erwecken den Eindruck, dass Sie tatsächlich nichts zu sagen haben. Bleiben Sie bescheiden.

Meiden Sie Worte wie »jeder«, »keiner«, »alle«, »immer«, »nie«
Sie machen sich dadurch angreifbar. Es reicht, wenn ein Gegner ein einziges Gegenbeispiel findet, und Ihre Argumentationskette zerfällt. Besser, weil sicherer sind Formulierungen wie »meistens«, »fast niemand«, »in sehr vielen Fällen«, »fast immer«, die eine Hintertür lassen.

Gewöhnen Sie sich das Wort »müssen« ab
Wer hat uns gesagt, was wir alles »müssen«? Warme Socken anziehen, um elf zu Hause sein, stets den Spinat aufessen ... Irgendwann haben wir beschlossen, jetzt nicht mehr zu »müssen«, ab jetzt selbst zu entscheiden. Menschen, die uns zu etwas zwingen wollen, lösen den Reflex »und jetzt erst recht nicht« aus. Und umgekehrt: Was für ein Bild von uns erzeugen wir in anderen Menschen, wenn wir stets »müssen«: »Ich muss zur Arbeit, dann muss ich einkaufen, dann muss ich noch kochen und dann muss ich ins Bett. Und morgen muss ich wieder zur Arbeit...«. Es ist besser, Sie gewöhnen sich »müssen«-Formulierungen völlig ab. Wenn etwas wirklich sein »muss«, sagen Sie ab jetzt »Es ist erforderlich...«.

Seite 2: Formulierungen, Vorteile betonen, Empfehlen statt fordern

Formulieren Sie ab jetzt positiv
Was sagen Sie, wenn Sie nach einem neuen Kollegen den Fahrstuhl betreten und riechen sein – ähem – Rasierwasser? Es duftet? Es riecht? Oder... »nicht schlecht – aber gibt’s das auch für Menschen?« Wo würden Sie lieber wohnen: Neben einer Atommülldeponie oder neben einem Kernentsorgungspark?
Wir haben Freunde. Andere haben Bekannte. Unser Nachbar hat Komplizen. Einer übt vernichtende Kritik, der andere lobt und macht wichtige Verbesserungsvorschläge. Die eine Mitarbeiterin sagt: »Ach Herr Chef, ich hab’ es leider immer noch nicht geschafft, den Bericht fertig zu stellen, den ich für Sie schreiben muss. Ich muss heute leider trotzdem um drei gehen«. Die andere sagt: »Lieber Herr Chef, ich bringe Ihnen hier schon die ersten zwanzig Seiten des Berichtes, den ich für Sie schreibe. Ich werde heute um drei gehen, komme aber morgen schon um  7 und schreibe den Rest. Danke für Ihr Verständnis.« Wer wird wohl eher den Nachmittag frei bekommen? Trainieren Sie Ihr Sprachgefühl. Konzentrieren Sie sich auch sprachlich auf das Positive in der Sache.

Zeigen Sie Vorteile und Nutzen, anstatt Nachteile zu kritisieren
Es ist wirkungsvoller, für etwas zu sein als bloß dagegen. Konzentrieren Sie sich in Ihrer Argumentation darauf, Ihrer Zielgruppe Vorteile zu zeigen. Wenn Sie Nachteile zeigen, wecken Sie in den Zuhörern Widerspruchsgeist. Vorteile zeigen verschafft uns Verbündete.

Empfehlen Sie, anstatt zu fordern
Die haltbarsten Überzeugungen sind die, auf die wir von selbst gekommen sind – oder von denen wir glauben, dass wir »von selbst« auf sie gekommen sind. Ihre rhetorische Aufgabe ist es, Ihre Zuhörer durch Worte, Bilder und andere Sinneserfahrungen in ein aussagekräftiges gedankliches Umfeld zu führen.
»Überzeugen« sollen (und werden) sie sich selbst.

Hüten Sie sich vor Worthülsen. Bleiben Sie sich selbst treu. Formulierungen, die Ihnen daheim am Schreibtisch unter Aufbietung aller Geisteskräfte gerade noch eingefallen sind, werden Ihnen vor Publikum nicht zuverlässig zugänglich sein. Benutzen Sie deswegen Ihren gewohnten Wortschatz. Es ist nicht notwendig, dass Sie vor Ihren Zuhörern Formulierungen »schrauben«, um als mehr zu erscheinen, als Sie sind. Bleiben Sie natürlich, bleiben Sie sich selbst treu. Ihr stärkstes Überzeugungsmittel ist und bleibt Ihre Glaubwürdigkeit, die Einheit von dem, worüber Sie reden und dem, was Sie tun.

»Im Anfang war das Wort – am Ende die Phrase.«
Stanislav Jerzy Lec