Familienunterstützende Arbeit braucht Kooperation

Um bei Bedarf die entsprechenden Informationen für eine Familie parat zu haben oder an andere, fachkompetente Professionelle weitervermitteln zu können, bedarf es einer weitreichenden Vernetzung.»Vernetzung dient als Mittel der Entwicklung von Lösungen in Zusammenarbeit mit anderen.«3 Durch eine erfolgreiche Vernetzung können Partner gewonnen werden, die sich mit ihren jeweiligen Kompetenzen in ein Projekt einbringen können. In vielen Projekten wird berichtet, dass bewusst gepflegte, persönliche Kontakte die beste Ausgangsbasis für spätere Kooperationen oder für die Lotsenfunktion darstellen. Wenn sich Praktiker/innen persönlich begegnen, erfahren sie, wer die möglichen Ansprechpartner sind. Außerdem wird die Hemmschwelle für potenzielle, künftige Kooperationen deutlich gesenkt. Gremien, wie zum Beispiel eine Sozialraum-AG nach KJHG §78 oder der Quartiersbeirat, werden dafür in den untersuchten Projekten gerne genutzt.

Orte der Lebenswelt als Vernetzungsknoten

Den Familien im Kiez kommt es zugute, wenn zentrale Orte ihrer Lebenswelt gleichzeitig Knotenpunkte professioneller Vernetzung sind. So kann beispielsweise eine Kita oder eine Grundschule durch Vernetzung und Kooperation eine Vielzahl weiterer Angebote vorhalten und als Ansprechpartner im Alltag fungieren. Auch durch den Einsatz von »interkulturellen Moderator(inn)en« kann sich eine Schule als erste Anlaufstelle für Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern profilieren, die bei Bedarf eine persönliche Weiterleitung an weitere Unterstützungsangebote leistet.

Entsprechend beschreibt eine Schulleiterin ihre Schule als einen Ort der Familie und des Lernens. Vor dem Hintergrund dieses Selbstverständnisses werden in der Schule auch Sprachkurse für die Eltern angeboten. Möglich ist dies durch eine enge Kooperation mit dem Sprachkursanbieter.

Unsere Gesprächspartnerin versucht nun auch noch, einen kürzeren Draht zum Jugendamt zu bekommen, um solche hilfreichen Prozesse weiter auszubauen. Sie findet es selbstverständlich, bei Bedarf an Hilfekonferenzen teilzunehmen und ihre Perspektive und Ressourcen einzubringen. Noch besser fände sie es aber, wenn sie sich schon im Vorfeld solcher Hilfekonferenzen immer mal wieder mit Mitarbeiter(inne)n des Jugendamts austauschen könnte.

Aus Vernetzung wird praktische Kooperation

Reden ist gut, viel reden manchmal auch, aber wenn dann noch am Ende ein Ergebnis steht, bei dem aus 1+1 schließlich 3 wird, dann ist dies ein Gradmesser für eine idealtypische und höchst effiziente Kooperation. Hierzu einige Beispiele:

Beispiel
  • Ein aufsuchendes Familienunterstützungsprojekt hat über eine Wohnungsbaugesellschaft einen kostengünstigen Laden in einer Nachbarschaft erhalten, in der überwiegend Migrantenfamilien wohnen. Damit ist der niedrigschwellige Zugang gesichert.
  • Ein Nachbarschaftstreff, der selbst über kein Personal mit Migrationshintergrund verfügt, hat eine Absprache mit einem anderen Träger getroffen, der bei Bedarf mit entsprechenden Mitarbeitern unterstützend eingreift.
  • Durch einen Trägerverbund werden Informationsflyer ins Türkische und Arabische übersetzt.
  • Ein Kiezstadtplan mit allen Einrichtungen, Angeboten, Ärzten etc. in der näheren Umgebung soll das Kiezleben transparenter werden lassen. Hierbei arbeiten die Jugendhilfe, Ärzte, ansässige (Migranten-)Vereine sowie eine Anwohnerinitiative sehr eng zusammen.
  • Ein Stadtteilberatungstreff, der von vielen Migrantenfamilien auf gesucht wird, knüpft aktuell enge Kontakte zu den alteingesessenen Sportvereinen, um so den Kindern den Zugang zu erleichtern.
  • Während der WM 2006 haben die Polizisten einer Kiezwache in Privatinitiative einen Beamer und eine Großbildleinwand besorgt. Sie wurde im örtlichen Jugendclub aufgestellt, um »völkerverbindend« gemeinsam Fußball zu schauen. Dazu hat eine Nachbarschaftsinitiative jeweils zum aktuellen Spiel passende Nationalgerichte gekocht. Parallel organisierten die Polizisten gemeinsam mit den Kolleginnen des Freizeittreffs Fußballturniere. Auf diese Weise bauen die Präventionsbeamten einen Kontakt zu den Kindern und Familien im Kiez auf und werden auch von den Migrantenfamilien als Ansprechpartner gesehen.
  • Einmal pro Woche kochen im Gemeinschaftshaus einer Siedlung »Mieter für Mieter.« Regelmäßig kommen hier bis zu 70 Personen unterschiedlicher Milieus und Kulturen zusammen: Anwohner/innen, aber auch professionell Tätige aus den unterschiedlichsten Handlungsfeldern. Dies ist ein idealer Ort der unverbindlichen, aber regelmäßigen Begegnung, Kommunikation und Vernetzung, z.T. sogar über die Quartiersgrenzen hinweg.
  • In einem Kiez wurde vom Quartiermanagement und einer Kita das Kooperationsprojekt »Bücherei« ins Leben gerufen. Dabei wurden die Kinder motiviert, regelmäßig in die Bibliothek zu gehen.

»Die haben richtig Bücher entwickelt, so einzelne Seiten rausgenommen, wo nur eine Blume drauf ist und ein Haus und so weiter, und dadurch haben die Kinder gleichzeitig Deutsch gelernt. Nebenbei haben sie gelernt, wie man die Bücherei nutzen kann.«

Da die Eltern einbezogen wurden, konnten auch sie die Möglichkeiten der Bibliothek kennenlernen. Beendet wurde das Projekt mit einer gemeinsamen Ausstellung.