Finanzierung

Ein weiterer zentraler struktureller Faktor für eine gelingende Praxis ist die Ausgestaltung der Finanzierung. Die Personalkosten und die Sachmittel sind hierbei die grundlegenden Größen. Daneben ist aber auch die Frage »Regelfinanzierung vs. Projektfinanzierung« von entscheidender Bedeutung. Um längerfristige und verbindliche Planungen und Umsetzungen zu gewährleisten, ist die finanzielle Absicherung ausschlaggebend.

Die Projektfinanzierung ist meist »die Achillesferse« der untersuchten Projekte. Die Nachhaltigkeit der erfolgreichen Arbeit ist wegen der oftmals unsicheren Finanzsituation nicht garantiert. Unbestritten sind die massiven Kürzungen der Finanzierung der Jugendhilfe in Berlin ein zentrales Problem, welches das Gelingen der Praxis stark beeinflusst.

Personal

In vielen Projekten erfolgt eine Finanzierung des Personals über Honorar. Das hat einerseits pragmatische Gründe, insbesondere beim öffentlichen Träger, um auf diesem Wege trotz Stellenstopp Kolleginnen mit Migrationshintergrund einbinden zu können. Einige Projekte sind über sogenannte Drittmittel finanziert. Dabei handelt es sich meist um zeitlich befristete Mittel aus dem Bund-Länder-Programm »Soziale Stadt«.

Durch den Einsatz freier Kräfte können Personalkosten eingespart werden,da die gesamten Sozialleistungen von den Honorarkräften selbst getragen werden müssen. Honorarfinanzierungen gehen aber auch damit einher, dass es im Gegensatz zu einer Festanstellung schwerer wird, entsprechend qualifiziertes und engagiertes Personal zu gewinnen und es auch mittel- und langfristig zu binden. Das ist ein hohes Risiko in einem Bereich, dessen Qualität des Gelingens maßgeblich vom Personal und der Beziehungskontinuität abhängt.

Sachmittel

Die Sachmittel nehmen in vielen Projekten in der Relation einen eher überschaubaren Haushaltsposten ein. Dennoch sind sie oft ein zentraler gestaltender Faktor. Beispielsweise ist es bei der Ausgestaltung der Projekträume sinnvoll, den Praktiker(inne)n ein selbst zu verwaltendes Sachmittel- bzw. Ausstattungsbudget zur Verfügung zu stellen. So können sie, auch wenn sie »nur« über Honorarverträge beschäftigt sind, dennoch in Absprache mit den Nutzer/innen selbst über die angemessene Ausgestaltung der Räumlichkeiten entscheiden. Eine Leitungskraft des Bezirksamts, die an der konzeptionellen Entwicklung eines Projektes intensiv beteiligt war, bringt das ganz plastisch auf den Punkt: »Da hat kein anderer einen Löffel gekauft.«

Solche Gestaltungsfreiheiten sind bislang gerade beim kommunalen Träger noch keineswegs üblich. Sie erscheinen aber ziemlich wichtig. Denn oft ermöglicht es erst eine solche »strukturelle Niedrigschwelligkeit innerhalb des Trägersystems«, die konkrete Arbeit vor Ort so zu gestalten, dass für die Zielgruppe eine Atmosphäre des Willkommenseins entsteht.

Das Sachmittelbudget von Projekten in Stadtteilen, in denen viele Menschen materiell benachteiligt sind, muss so beschaffen sein, dass es für die Nutzer/innen keine finanziellen Barrieren schafft. Nach Aussage einer konzeptionell tätigen Leitungskraft sind ein kostenfreier Tee und auch günstiges Essen »ein zentraler Punkt für die Migrantenfamilien. Aber nicht nur für sie. Wenn man mal genauer hinschaut, ist das auch für Deutsche so.«

Weitere Finanzposten, die einkalkuliert sein sollten, um den inhaltlichen Ansprüchen der Konzepte gerecht werden zu können, sind Eintrittsgelder, Fahrtkosten et cetera, die bei Ausflügen und gemeinsamen Sozialraumerkundungen anfallen können. Auch ist es günstig, ein Budget für Getränke und Knabbereien zu haben, die man bei bestimmten Gelegenheiten anbieten kann, in denen man Gastgeber ist. So ist es beispielsweise bei den Elternabenden, die eine Bürgerinitiative in Kitas und Schulen organisiert, Standard, dass es im Eingangsbereich Getränke und etwas Knabbergebäck gibt. Genauso selbstverständlich wird Kinderbetreuung angeboten. Auch dafür braucht es unter Umständen ein extra Budget.

Regelfinanzierung versus Projektfinanzierung

Einige der untersuchten Projekte sind über Drittmittel finanziert. Dies ist oft für die Anschubphase von großem Vorteil, um eine schnelle Umsetzung zu gewährleisten. Gleichzeitig sind diese Drittmittelfinanzierungen meist zeitlich befristet. Für eine perspektivisch ausgerichtete Arbeit, die nicht reinen Projektcharakter hat, sondern nachhaltig an Strukturen im Gemeinwesen ansetzt, kann dies konzeptionell ziemlich problematisch sein.

Eine langfristig abgesicherte Finanzierung ist insbesondere notwendig, um personale Bindungen aufrechtzuerhalten. Das betrifft nicht nur die direkte Arbeit mit den Zielgruppen, also den Beziehungsaufbau, sondern auch das personengebundene Wissen um sozialräumliche Gegebenheiten und Ressourcen sowie Kontakte zu zentralen Schlüsselpersonen im Stadtteil.

Dass Drittmittel obendrein bisweilen mit einem Pferdefuß versehen sind, der die Arbeit vor Ort beeinträchtigt, zeigt sich an manchen Projekten, die über das Programm Soziale Stadt finanziert werden. Die Mittelvergabe ist hier daran gebunden, dass die Gelder nur innerhalb eines Kiezes ausgegeben werden können, der als Quartier- bzw. Stadtteilmanagementgebiet ausgewiesen ist. Jenseits dieser klar umrissenen Gebiete können die Mittel nicht eingesetzt werden. Konzeptionell macht das allerdings oft wenig Sinn. Schließlich lässt sich nur schwer nachvollziehen, warum unterstützende Angebote nur für Familien auf der einen Straßenseite da sein sollen, während Familien, die auf der anderen Seite wohnen – und damit außerhalb des definierten Gebietes - nicht auch davon profitieren können.